Das Klima Grönlands

Grönland gehört definitionsgemäß zur polaren Klimazone. Dies sagt allerdings recht wenig über die konkreten Verhältnisse in den verschiedenen Landesteilen aus, die aufgrund der fast 2.700 km Nord-Süd-Ausdehnung natürlich recht unterschiedlich sind. Zur polaren Klimazone werden generell Gebiete gezählt, die in allen Monaten des Jahres eine Durchschnittstemperatur von weniger als 10° Celsius haben. Die 10°C-Grenze wurde gewählt, weil unterhalb dieser Durchschnittstemperatur keine echten Wälder wachsen können. Im Süden und Westen Grönlands gibt es einige wenige Gebiete, die in den Sommermonaten eine etwas höhere Duchschnittstemperatur aufweisen, dort sind in der Vegetationszone der südlichen Tundra auch Bäume zu finden.
Allgemein kann man sagen, daß die Durchschnittstemperaturen nach Norden hin abnehmen, allerdings sind die Unterschiede deutlich geringer, als man es aufgrund der geografischen Entfernung erwarten würde. Hauptgrund für die geringen Unterschiede sind die Meeresströmungen. Der Ostgrönlandstrom bringt kaltes Wasser Richtung Süden und sorgt in den südlichen Landesteilen für etwas niedrigere Temperaturen, als sie aufgrund der geographischen Lage zu erwarten wären. Während der Sommermonate treten in Nordgrönland Nachtfröste seltener auf, als in Südgrönland. In den nördlichsten Landesteilen sind 70 Tage komplett frostfrei. Hier scheint die Mitternachtssonne von April bis September und die durchschnittlichen Tageshöchst- und tiefsttemperaturen haben nur eine Spanne von 1°C. Je weiter südlich man kommt, desto geringer wird der ausgleichende Einfluß der Mitternachtssonne. Während der Wintermonate sind die Temperaturen im Süden deutlich höher als im Norden. Während in Nanortalik die Januardurchschnittstemperatur bei -3°C liegt, sind es im Bereich der Wetterstation Danmarkshavn -33°C. Hier macht sich das Fehlen der Sonne während der mehr als viermonatigen Polarnacht deutlich bemerkbar. Die tiefste auf Grönland gemessene Temperatur lag bei -70°C,
Die Niederschlagsmengen in Nord- und Südgrönland unterscheiden sich recht deutlich. Allgemein kann man sagen, daß im Süden die Niederschlagsmengen höher sind, als im Norden und auch an der Küste sind sie höher, als im Landesinneren. Im südlichen Bereich der Westküste liegen die jährlichen Niederschläge um 1.000mm, im nördlichen Bereich der Westküste bei nur 200mm. Im Landesinneren fallen vielerorts auch im Süden weniger als 200mm Niederschlag pro Jahr. Die Verhältnisse an der Ostküste sind ähnlich.
Grönland ist im Allgemeinen kein Land, das stark vom Wind geprägt wird. Es treten allerdings immer wieder katabatische Winde auf, die vom Inland in Richtung Küste fegen und dort schwere Schäden anrichten können. Vor allem die Gemeinde Ammassalik ist bekannt für das Auftreten dieser sogenannten Piteraqs, die Geschwindigkeiten bis zu 200 Stundenkilometer erreichen. Daneben treten sowohl im Sommer, als auch im Winter Föhnwinde auf. Auch sie wehen vom Inland in Richtung Küste. Meist kündigen sie sich durch linsenförmige Wolken an.
Interessant ist auch ein Blick in die Klimageschichte Grönlands. Wissenschaftler der Universität Kopenhagen fanden bei Eisbohrungen in 2km Tiefe DNA-Spuren, die eindeutig verschiedenen Baumarten wie Erle, Fichte und Kiefer zugeordnet und auf ein Alter von rund 450.000 Jahren datiert werden konnten. Zumindest im Süden Grönlands ähnelte die Landschaft damals dem heutigen Schweden. Die Temperaturen fielen selbst im Winter nicht unter -17°C, im Sommer lagen sie deutlich über 10°C. Vor allem im Zusammenhang mit der Diskussion um den Klimawandel haben die Ergebnisse der Dänen hohe Wellen geschlagen. Die Mehrheit der Wissenschaftler ging bisher davon aus, daß Grönland während der letzten Warmzeit vor etwa 125.000 Jahren weitgehend eisfrei war. Sollte sich die Altersbestimmung der DNA-Funde aber bestätigen, würde das bedeuten, daß die darauf liegenden Eisschichten während der letzten Warmzeit nicht vollständig abgeschmolzen sind. Und das würde wiederum bedeuten, daß selbst bei Temperaturen, die etwa 5 Grad höher als heute liegen, das Eis in Grönland nicht vollständig abschmelzen würde, sondern daß vielmehr ein relativ großer Teil erhalten bleiben würde. Bisher wurde allgemein von einem vollständigen Abschmelzen der Eismassen und einem daraus resultierenden Anstieg des Meeresspiegels von etwa 7m ausgegangen.
Bei der Analyse von Eisbohrkernen durch Wissenschaftler der Universität Bern ergaben sich völlig neue Erkenntnisse über sehr schnelle Klimaänderungen in der jüngeren Vergangenheit. Demnach erhöhte sich die Temperatur am Ende der letzten Eiszeit vor etwa 14.700 Jahren innerhalb weniger Jahrzente im Jahresmittel um mehr als 10°C. Dem raschen Anstieg der Temperaturen folgte eine Abkühlung, die sich über rund 200 Jahre hinzog, danach kam es erneut zu einer Erhöhung der Durchschnittstemperaturen um 10°C innerhalb von nur 60 Jahren.
Die aktuelle Klimaerwärmung macht sich auf Grönland besonders deutlich bemerkbar. Seit Ende der 1980er Jahre hat sich die Luft um durchschnittlich 3°C erwärmt. In manchen Gemeinden beginnen Fundamente von Gebäuden langsam zu sinken, weil der Permafrostboden immer tiefer auftaut. Andererseits wird die Fangsaison für die Fischer immer länger, da das Meer seltener gefriert. Im Süden Grönlands haben sich die Bedingungen für die Landwirtschaft deutlich verbessert und ensprechen in etwa den Verhältnissen, wie sie vor 1.000 Jahren von den Wikingern vorgefunden wurden.