Geografie und Geologie Grönlands

Grönland - das "Grüne Land" der alten Wikinger. Vor dem geistigen Auge des durchschnittlichen Mitteleuropäers erstrecken sich endlose Eisflächen, klirrende Kälte prägt das Leben. Und doch hat die mit rund 2,2 Millionen Quadratkilometern größte Insel der Erde mehr zu bieten. Zwar sind über 1,8 Millionen Quadratkilometer Grönlands von Eis bedeckt, aber die eisfreie Fläche erreicht mit 357.000 Quadratkilometern fast die Größe von Deutschland - viel Fläche also zum Leben ohne ewiges Eis.
Nicht nur die Fläche Grönlands ist beeindruckend - auch die Entfernungen sind gewaltig. Das Land erstreckt sich vom Kap Farvel bei 59° nörlicher Breite über 2.570km bis zum nörlichsten Punkt Kap Morris Jesup bei 83° nördlicher Breite. Von hier sind es nur noch 740km bis zum Nordpol. Die Ost-West-Ausdehnung von rund 1.000km bekam auch Fridtjof Nansen zu spüren, als er in den Jahren 1888 und 1889 das Inlandeis überquerte. Trotz der Strapazen führte Nansen gewissenhaft Messungen verschiedenster Art durch und lieferte erste verlässliche Daten über das Höhenprofil Grönlands. Heute wissen wir, dass die Eismassen im Landesinneren eine durchschnittliche Dicke von 2.000 m haben, stellenweise aber fast 3.500 m Mächtigkeit erreichen. Die gewaltige Eismasse drückt die Erdkruste um ca. 800m nach unten, weite Teile des "Inlandes" liegen deshalb unter dem Meeresspiegel. Die höchsten Berge ragen an der Ostküste über 3.600 m in den Himmel.
Obwohl Grönland nur rund 300 Kilometer von Island entfernt liegt, gehört es geologisch gesehen zum amerikanischen Kontinent und weist eine völlig andere Geologie als Island auf. Während Island erst vor wenigen Millionen Jahren durch vulkanische Aktivität entstand, sind in Grönland uralte Granite und Gneise aus der Frühzeit der Erde zu finden. Einige der ältesten Gesteinsformationen der Erde - sie wurden auf ein Alter von rund 4,5 Milliarden Jahren datiert - sind an der Westküste bei Paamiut und Kangerlussuaq zu finden. Der jüngste Teil Grönlands liegt ebenfalls an der Westküste. Die Diskoinsel entstand vor einigen Millionen Jahren im Zeitalter des Tertiär durch vulkanische Aktivität.

Vor allem im Süden und Westen Grönlands finden sich vielerorts Gesteine aus dem Präkambrium (vor 4,5 Millarden bis vor 570 Millionen Jahren, in der Karte rot dargestellt). Diese uralten Granite und Gneise wurden im Laufe der Erdgeschichte immer wieder von Sedimenten und Vulkangestein überdeckt. Die Sedimente erreichen Mächtigkeiten von fast 10km und lassen die gewaltigen Zeitspannen erahnen, die ihre Ablagerung gedauert hat. Im Laufe der Jahrmillionen wurden die Sedimente durch Erosion wieder abgetragen und haben die präkambrischen Grundgesteine wieder ans Tageslicht kommen lassen, die heute die eisfreien Gebiete Grönlands dominieren. Im Bereich des sogenannten "alten Kernes" im Süden Grönlands haben die Gesteine ein Alter von 2,5 bis 3,7 Milliarden Jahren, nordöstlich der Hauptstadt Nuuk wurden die ältesten bekannten Gesteine der Erde gefunden.
An der Südspitze Grönlands ist im Bereich des Ketilidian etwas jüngeres Gestein zu finden, es erreicht ein Alter von 1,5 bis 1,8 Milliarden Jahren. Gleiches gilt für den Nagssugtoqidian genannten Bereich nördlich des alten Kerns. Man vermutet, daß die beiden jüngeren Bereiche durch erneut aufgeschmolzenes ehemaliges Gestein des alten Kerns entstanden sind. An vielen Orten, die von präkambrischen Gestein geprägt sind, findet man auch deutlich jüngere Gesteine. Es handelt sich dabei vorwiegend um nicht erodierte Überreste jüngeren Gesteins. Oft sind auch deutlich dunkle Bänder in den alten Graniten und Gneisen zu erkennen. Dabei handelt es sich um Doleritgänge. Sie entstanden, als aus dem Untergrund flüssiges Gestein in Risse und Spalten des Grundgesteins eindrang und dort erstarrte.
In den einfreien Gebieten Nord- und Nordostgrönlands finden sich vorwiegend Gesteine aus dem Paläozoikum (in der Karte grün dargestellt). Während dieser Phase der Erdgeschichte vor 245 bis 570 Millionen Jahren kam es zu großflächigen und lang andauernden Überflutungen. Im Laufe der Zeit bildeten sich auf dem Grund der Flachmeere mächtige Lagen aus Sedimenten, hauptsächlich Sandstein, Dolomit und Kalkstein. Zu dieser Zeit existierten bereits höhere Organismen, deren Fossilien heute die zeitliche Einordnung der einschließenden Gesteine ermöglichen. Vor 440 Millionen Jahren bildete sich im Zuge der Kaledonischen Faltung ein Gebirgszug an der der Ostküste Grönlands. Noch heute erheben sich die Reste der damals entstandenen Berge nördlich von Ittoqqortoormiit. Ostgrönland ist auch bekannt für die Fossilien devonischer Fische und Tetrapoden, die in den Sand- und Kalksteinschichten eingeschlossen sind.
Während des Mesozoikums (66 bis 245 Millionen Jahre) waren erneut weite Landflächen überflutet und es bildeten sich erneut mächtige Sedimentlagen (in der Karte gelb dargestellt). In Ostgrönland finden sich im Bereich von Jameson Land dicke Sedimentlagen aus Sandstein, Gips, Kalkstein, Dolomit und Schiefer. Auch im Bereich der Diskoinsel findet man Gesteine aus dem Mesozoikum.
Während der Erdneuzeit, also in den letzten etwa 65 Millionen Jahren, kam es in Grönland wiederholt zu Vulkanausbrüchen. Vor allem im Bereich der ostgrönländischen Blosseville Küste und auf der Diskoinsel sind die damals entstandenen Basaltlagen deutlich zu sehen (in der Karte blau dargestellt). In der letzten Phase der Erdneuzeit, dem bis heute andauernden Quartär, kam es zur mehreren Eiszeiten, die mit ihren Gletschern das heute Aussehen der Landschaft Grönlands prägten.