Die Wikinger auf Grönland

Die Besiedlung Grönlands

Vermutlich um das Jahr 900 kam der Wikinger Gunnbjörn Úlfsson, der auf dem Weg nach Island war, vom Kurs ab und fand sich vor einer fremden Küste wieder. Er berichtete von Eisbergen, vielen Schären und einer öden, menschenfeindlichen Landschaft. Vermutlich hatte er die Küste Südgrönlands gesehen.

Jahrzehnte später wurde Erik der Rote nach einem tödlich ausgegangenen Streit geächtet und musste seine Heimat Island verlassen. Er machte sich im Jahr 982 von der Halbinsel Snæfellsnes aus auf die Suche nach dem Land, von dem Gunnbjörn berichtet hatte. Mit seinen Gefährten erreichte er die grönländische Küste vermutlich auf Höhe des heutigen Ammassalik und segelte nach Süden die Küste entlang, um geeignetes Land für die Besiedlung zu finden. Er umrundete die Südspitze Grönlands und setze nach einer Überwinterung auf einer kleinen Insel seinen Weg an der Westküste nach Norden fort. Schließlich erreichte er etwa auf dem 61. Breitengrad einen Fjord (Eiriksfjord), der ihm als Siedlungsplatz geeignet erschien und gründete dort seinen Hof Brattahlíð. Ausgehend vom Hof unternahm er Erkundungsfahrten bis zur Diskobucht und kehrte im folgenden Jahr nach Island zurück.

Wieder in Island angekommen, berichtete er vom neuen Land, das er erkundet hatte und beschrieb es als "Grünland" mit saftigen Weideflächen und guten Bedingungen für die Gründung neuer Siedlungen. Schließlich fanden sich rund 700 Isländer, die bereit waren, ihm nach Grönland zu folgen. Von den 25 Schiffen, die aufbrachen, erreichten nur 14 Grönland und in der Gegend um den Eiriksfjord entstand die grönländische "Ostsiedlung" der Wikinger.

Im Laufe der folgenden 14 Jahre folgten wenigstens drei weitere Gruppen von Siedlern und etwa 500 km nördlich der Ostsiedlung entstand die Westsiedlung. Um das Jahr 1000 lebten vermutlich mehr als 5.000 Wikinger auf Grönland.

Die Blütezeit

Das Christentum war wahrscheinlich auf Grönland bald weit verbreitet und bis zum 11. Jahrhundert gehörte das Land zum Erzbistum Bremen. Ab 1126 hatte Grönland einen eigenen Bischof, der seinen Sitz in Gardar hatte. Die Kirche gewann bald an Einfluss und Reichtum, um 1350 gehörte der Kirche nicht nur der größte Bauernhof des Landes, sondern auch zwei Drittel des besten Weidelandes. Der letzte in Grönland ansässige Bischof starb 1378, sein Nachfolger weigerte sich, sein bequemes Leben in Norwegen aufzugeben.

Der Niedergang

Da es in Grönland nie eine zentrale Macht gab, kam es zu endlosen Konflikten und Streitigkeiten zwischen den lokalen Machthabern. Ähnlich wie Island untserstellte sich die Kolonie deshalb 1261 der norwegischen Krone, im Gegenzug sollte eine regelmäßige Schiffsverbindung eingerichtet werden, die ab 1294 mit einem norwegischen Handelsmonopol verbunden war. Aufzeichnungen zufolge gab es bis nach 1350 tatsächlich einen geregelten Handelsverkehr mit zwei Schiffen pro Jahr.
Die Westsiedlung war im Jahr 1350 bereits aufgegeben. Ein norwegischer Priester besuchte die Westsiedlung 1350, traf dort aber keine lebenden Menschen mehr an. Er vermutete, daß die "Skrælingar" (Inuit) die Bewohner getötet hatten. Beweise dafür gibt es allerdings nicht und bis heute ist nicht bekannt, warum die Westsiedlung aufgegeben wurde. Der letzte schriftliche Bericht über die Ostsiedlung stammt aus dem Jahr 1408. Er beschreibt die Hochzeit zwischen dem Handelskapitän Þórsteinn Óláfsson und der Grönländerin Sigríðr Bjarnardóttir.

Experten gehen davon aus, dass verschiedene Faktoren beim Untergang der Wikingersiedlungen in Grönland eine Rolle spielten. Zunächst dürfte die Ausbreitung der Thule-Kultur der Inuit spürbare Auswirkungen gehabt haben. Eine deutliche Klimaverschlechterung im 15. Jahrhundert erschwerte die Landwirtschaft und als schließlich wegen ausbleibender Handelsschiffe wichtige Rohstoffe fehlten und wahrscheinlich auch die Pest nach Grönland kam, war der Untergang besiegelt.