Die Thule-Kultur (1.000 bis 1.800 n. Chr.)

Bereits während der Dorset-Kulturphase entwickelten sich in der ursprünglichen Heimat der Inuit in Alaska völlig neue Techniken nicht nur für die Jagd und den Fischfang. Das hautbespannte Einmann-Boot (Kajak) und das wesentlich größere Frauenboot (Umiaq) sind ebenso Erfindungen dieser Kulturphase wie mit Schwimmern ausgestattete Harpunen und Hundeschlitten, die vor allem während der Wintermonate Transport und Jagd erleichterten. Feste Winterhäuser mit tiefliegenden Eingangstunneln, die als Kältefalle dienten, machten das Leben während der kalten Jahreszeit erträglicher.
Um das Jahr 1000 nach Christus kam es zu einer Klimaerwärmung, in deren Folge die Jagsbeute immer weiter nach Norden wanderte. Die "Neo-Eskimos" folgten ihren Beutetieren und so gelangten in einer neuen Einwanderungswelle die modernen Inuit auch nach Grönland. Sie vermischten sich mit den früheren Kulturen, verdrängten diese aber auch teilweise. Siedlungsrelikte wurden u.a. auch im Nordwesten Grönlands nahe Thule entdeckt, die Thulekultur ist nach diesem Fundort benannt. Weitere Funde belegen auch, dass dank der Schlittenhunde Handel mit Rohstoffen wie Eisen und Kupfer über weite Entfernungen betrieben wurde.
Großwale wie der Grönlandwal lieferten den geschickten Jägern nicht nur Fleisch, sondern auch Öl für die Beheizung und Beleuchtung der Winterhäuser und Baumaterial für Boote und Häuser. Die Winterhäuser (Qarmaq) wurden aus Rippenknochen der Wale errichtet, die man in den Boden steckte. Der Sockel wurde mit Grassoden bedeckt, der obere Teil mit Tierhäuten bespannt und mit Gras- und Torfsoden abgedeckt.
Als sich ab 1300 das Klima langsam wieder abkühlte, wurden die Jagdbedingungen im Norden zunehmend schwieriger. Die Bevölkerungszahl nahm deutlich ab und nur in den klimatisch begünstigten Zonen wie im Südwesten Grönlands überlebten Inuit in nennenswerter Zahl. Ab dem 17. Jahrhundert hatten die Inuit regelmäßigen Kontakt zu den Europäern, vor allem zu den Walfängern, die in großer Zahl in den grönländischen Gewässern unterwegs waren. Nicht nur die Handelsbeziehungen wurden intensiver, sondern auch zwischenmenschliche Beziehungen und so gab es schon nach wenigen Generationen kaum noch noch reinrassige Inuit.
Die Angehörigen der Thule-Kultur gelten als die direkten Vorfahren der modernen Inuit. Die Entwicklung ab 1800 war vor allem durch den Kontakt mit den Europäern geprägt und vor allem der Einfluß Dänemarks auf die Kolonie Grönland war schon seit dem Beginn der Walfängerzeit sehr prägend.