Expeditionsseereisen ins Reich der Arktis
Eisbohrkerne
Die Analyse von Eisbohrkernen ist heute die wichtigste und genaueste Methode, um Klimadaten aus der Vergangenheit zu erhalten. Die Methode beruht auf der Erkenntnis, dass bei der Gletscherbildung jedes Jahr eine neue Eisschicht entsteht und in den Jahreseisschichten Luftblasen eingeschlossen sind, deren genaue Gaszusammensetzung analysiert werden kann, um daraus Rückschlüsse auf das Klima zur Entstehungszeit des Eises zu ziehen. Besonders interessant ist die Analyse der grönländischen und antarktischen Eisschilde. Sie erreichen eine Eisdicke von mehreren tausend Metern und die ältesten Eisschichten entstanden vor weit über 100.000 Jahren.
Je tiefer eine Eisschicht liegt, desto älter ist sie in der Regel. Durch das Fließen des Gletschereises können aber auch ältere Schichten nach oben gelangen. Eiskernbohrungen werden deshalb bevorzugt am Scheitel der Eisschilde durchgeführt, da hier keine Störungen der Schichtung durch Eisbewegungen zu erwarten sind. Tiefer gelegene Jahresschichten des Eises haben typischerweise eine Dicke von etwa einem Zentimeter. Im Jahr 2004 erreichte das European Project for Ice Coring in Antarctica unter Beteiligung des Alfred Wegener Instituts eine Tiefe von 3.270 Metern, die ältesten Eisschichten sind etwa 900.000 Jahre alt. In Grönland wurde im Rahmen des North Greenland Ice Core Project 2003 eine Tiefe von 3.085 Metern erreicht, die Zählung des Jahresschichten ergab ein Alter von 123.000 Jahren für die tiefste Schicht.
Aus dem Häufigkeitsverhältnis der Sauerstoffisotope 16 O und 18 O im Eis kann man Rückschlüsse auf die Temperatur der Wolke ziehen, aus der der Niederschlag fiel. Dabei sind allerdings Werte aus Einzeljahren wenig aussagekräftig, da durch unterschiedliche Zugbahnen der Wolken die Häufigkeit der Sauerstoffisotope schwankt. Um zu einer Aussage über die klimatischen Verhältnisse zu kommen, werden deshalb Durchschnittswerte über mehrere Jahre gebildet.
Interessant ist auch die Menge an Spurengasen, die in Luftblasen im Eis eingeschlossen sind. Insbesondere der Anteil der stark klimawirksamen Gase Methan und Kohlendioxid liefert wichtige Erkenntnisse auch zur zukünftigen Klimaentwicklung. Darüber hinaus liefert die Dicke der einzelnen Jahresschichten Informationen über die Niederschlagsmengen und eingeschlossene Staub- und Ascheschichten ermöglichen eine genaue Datierung von Vulkanausbrüchen, die in vorgeschichtlicher Zeit stattfanden.
Die grönländische Bohrstelle befindet sich bei 75 Grad Nord, 42 Grad West, insgesamt dauerte die Bohrung 8 Jahre. Der Durchmesser der gebohrten Eiskerne beträgt 10cm, sie wurden in Stücken von 3,5 Metern Länge an die Oberfläche gebracht. Das deutsche Alfred Wegener Institut war maßgeblich an dem Projekt beteiligt.